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Meine Leidensgeschichte mit der Esssucht

Esssucht – ich? Oh ja.

„Du bist fett!“ – warum ich als Kind mit diesen Gedanken und Gefühlen aufgewachsen bin, ist mir schleierhaft. Wenn ich mir meine Fotos anschaue, bin ich alles andere als dick gewesen. Ich war vielleicht etwas „stämmiger“ als meine dürren Freundinnen, aber ich bin zu keinem Zeitpunkt in die Kategorie Übergewicht oder ähnliches gerutscht.
Trotzdem kam ich mir in der Schule immer fett vor.
Dieser “Mindset” begleitete mich mein ganzes Leben. Irgendwann passte ich mein Äußeres meiner inneren Welt an.
Bei meinem langen USA-Aufenthalt habe sage und schreibe 25 Kilo zugenommen.
 
Eis essen - Zuckersucht

Probleme mit einer Gewichtszunahme nach einem Auslandsaufenthalt? Mehr dazu hier!

Die Rückkehr war hart. Statt „Hallo, schön dass du wieder da bist“ kam nur ein verächtliches: “WOW – du hast aber kräftig zugelegt.”
Auch meine Klassenkameraden waren nicht wirklich zart im Umgang mit mir und meinem nun etwas ausgedehnteren Körpermaßen. Zum damaligen Zeitpunkt habe ich einen BMI von 29 gehabt.

Familienhistorie der Esssucht

Meine Mutter – die ihr ganzes Leben lang mit ihrem Gewicht zu kämpfen hatte und keine Gelegenheit ausließ mich darauf hinzuweisen, dass auch ich mein Leben lang kämpfen werde, hat die meiste Zeit ihres Lebens einen BMI von 26/27 auf die Waage gebracht. Auch nicht wirklich in der Kategorie „total fett“. Aber (!) sie hielt sich dort nur mit viel Kampf.
„Wenn ich Schokolade angucke, habe ich schon zugenommen.“ pflegte sie zu sagen. Das ist bei mir in der Tat ähnlich. Denn genauso wie meine Mutter habe ich keine natürlich Essbremse und ein hohes Suchtpotential. 
Meine Leidensgeschichte

Essen ohne Punkt und Komma

Mein Höchstgewicht erreichte ich nach regelmäßigen ups und downs mit Ende 20. Ich durchlebte in meinen 20iger die klassische Jo-Jo-Reise. Diät machen – zunehmen – mehr drauf als vorher. Neue Diät. Abnehmen. Kurz halten, dann – zunehmen – Diät machen – wieder mehr auf der Waage als vorher. Frust. Neue Diät. Abnehmen. Und so weiter. Du kennst das ja. 
Ich schaukelte mich über Jahre langsam immer höher.

Mein Höchstgewicht sorgte für den nötigen Schockmoment

Bei einem Kampfgewicht von 97,9 kg bei 1,76m ging ich aus Angst dreistellige Zahlen zu sehen nicht mehr auf die Waage, sondern endlich zu Mrs. Sporty und holte mir professionelle Hilfe und Unterstützung.
Wieder einen Ernährungsplan später hatte ich mal wieder mein Wunschgewicht von um die 70kg erreicht. Ich war so stolz. Ich sah toll aus. Aber ich begann – mal wieder – mich zu entspannen.
Erlaubte mir wieder die „verbotenen Lebensmittel“ zu essen. In Maßen natürlich. *Hüstel* Das führte dazu, dass ich mich eines Tages bei folgender Fressattacke ertappte:
Ich fand eine uralte Tafel Bio-Schokolade mit Würmern (!) in den Tiefen meines Küchenschrankes. Angeekelt schmiss ich die Tafel in den Müll. Ungefähr eine Stunde später sah ich mir selbst dabei zu, wie ich wie fremdgesteuert zum Mülleimer ging. Achtung jetzt wird es Esssucht-mäßig ekelig…. 
Ich ging zum Mülleimer und holte die Wurmzerfressene Schokolade heraus. Trennte Würmer und Schokolade und schüttet mir die alte Schokolade in den Mund.
Als ich wieder zu mir kam. War mir klar. Ich habe wirklich ein Problem. Es dämmerte mir langsam, dass ich vielleicht an Zuckersucht leiden könnte.

Bin ich zuckersüchtig?

Diese Frage gab ich bei Google ein. Eine Suche ergab die nächste und ich landete bei „Susan Pierce Thompson“ einer amerikanischen Professorin für „cognitive science“, die mich mit ihrem Anfälligkeitstest komplett schockte.
Bei dem Test wie „süchtig“ man ist bzw. wie anfällig für Sucht im Allgemeinen ist, war ich auf einer Skala von 1 bis 10 – eine 10 und das obwohl ich geschummelt und meine Innere Welt und das was rund um das Thema Essen in mir vor sich ging runter gespielt habe.

Du bist esssüchtig! Zucker und Mehl sind deine Feinde

Mir schossen die zig Male durch den Kopf, wo ich Pressekonferenzen mental verpasst hatte, weil vor mir auf dem Tisch Schokokekse standen. Die unzähligen Abendessen, wo ich meinen Freundinnen die ihren Nachtisch nicht aufessen wollten, am liebsten an die Gurgel gesprungen wäre und innerlich geschrien habe: „Iss die Scheiße endlich, sonst muss ich es tun.“
Nie habe ich über diese Gefühl oder Probleme rund um das Thema Essen mit irgendjemandem gesprochen. Nie habe ich gesagt: „Bitte nehmen Sie den Brotkorb weg und bringen Sie keinen neuen. Ich esse sonst wieder alles auf.“ Häufig übrigens so schnell, dass um sitzende Gäste KEIN EINZIGE Scheibe abbekommen haben.
Als ich das Video von Susan zu Ende geschaut hatte, wusste ich nicht wohin mit meinen Emotionen. Ich wollte heulen, schreien, irgendwas kaputt machen. Aber ich wusste: Sie hatte Recht. Ich würde niemals Frieden rund um das Thema essen bekommen, wenn ich nicht etwas ändern würde. Wie ein trockener Alkoholiker auf Alkohol würde ich auf raffinierte Produkte wie Zucker und Mehl verzichten.

Bist du süchtig? Der Test!

Um diese Frage nach Esssucht, Zuckersucht und Co zu beantworten gibt es einen ganz einfach Test.
Stell dir vor du dürfest ab heute nie nie nie wieder Gurken essen. Würde dir das Stress bereiten? Nein. Gut.
Aber wie sieht es aus, wenn ich dir sage: Nie wieder Brot/ Kekse/ Pizza und Co? Wenn jetzt aus deinem Inneren ein lautes “NEIN NIEMALS” hoch schießt, ist das ein ziemlich gutes Indiz für eine gewisse Abhängigkeit.

Was steckt hinter der Esssucht?

Susan Pierce Thompson erklärt in ihrem Buch „Bright Line Eating“ (im Moment leider nur auf Englisch erhältlich) bis ins Detail das wissenschaftlich nachgewiesene Suchtpotential von Essen.
Nicht jedes Gehirn reagiert auf diese Trigger gleich. Genauso wie einige Menschen mal auf einer Party eine Zigaretten rauchen können und dann wieder Wochen oder Monate lang nicht und andere einmal zugreifen und nie wieder aufhören können.

Das Problem mit dem weißen Pulver

Die Natur hat uns wunderbare Lebensmittel voller Nährstoffe gegeben mit denen unser Körper gut umgehen kann. Doch der Mensch hat begonnen diese zu verändern und mit vor Liebe zu weißem Pulver zu machen. Dieser Raffinierprozess macht aus den harmlosesten Pflanzen potente Drogen!
Nehmen wir Mohn. Mohnstreusel auf einem Brötchen kein Thema. Macht man aber ein weißes Pulver aus Mohn erhält man Heroin. Nehmen wir die Coca-Pflanze. Als ganzes Blatt ein toller Tee mit vielen positiven Wirkungsweisen. Doch machen wir aus ihr ein weißen Pulver erhalten wir: Cocain.
Gleiches gilt für das volle Korn. Nach langem Kauen setzt der Körper die Zuckermoleküle frei und niemand hat das Problem mit dem Futtern von ganzen Körnern nicht aufhören zu können. Machen wir aber ein weißes Pulver aus dem Korn – und backen daraus ein Brot, eine Pizza oder Kuchen sieht die Sache schnell anders aus. Diejenigen von uns, die Suchtpotential in sich tragen, können dann einfach nicht mehr aufhören.

Hört sich unfassbar schwer an?

Ist es nicht! Zumindest nicht lange. Zwei Wochen bin ich durch die Hölle gegangen. Entzugserscheinungen wie Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Gereiztheit und Weinkrämpfe waren aber nach 14 Tagen vorbei. Und dann geschah das Wunder: Mehr und mehr wurden mir diese Dinge fremd. Ich WOLLTE sie nicht mehr essen.
Sie sind NMF („Not My Food“ – oder zu deutsch sehr frei übersetzt „Nicht Mein Futter“) – ja sogar Gift für mich. Heute lässt mich die Torte auf dem Teller meiner Freundin kalt.
Unglaublich, aber wahr!
Esssucht - Zuckersucht - Mehlsucht
Am 11. Oktober 2016 habe ich unter Tränen meinen letzten Oreo-Cookie gegessen. Ich habe viel geweint in den Tagen vor meinem Start. Doch heute weiß ich – es war die richtige Entscheidung. 30 Kilo leichter lebe ich heute glücklich und FREI! Ich kann entscheiden wie viel ich esse. Führe keine inneren Kämpfe mehr aus. Und ich kann entspannt mit dem Thema Essen umgehen. Mein einziger „Feind“ sind bis zum heutigen Tag die Mengen, die ich esse.
Mehr zu Bright Line Eating und wie ich es geschafft habe so viel abzunehmen – erfährst du hier.

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